Veröffentlichte Autobiografien – erste Sätze, Teil 1

Wie man eine Autobiografie beginnen könnte …

Ich habe – ohne lange zu überlegen – einfach mal zehn Autobiografien aus meinen Bücherregalen genommen und aus jeder die ersten drei Sätze abgeschrieben. Hier sind sie. Vielleicht helfen sie ja den Autobiografie-Beginnern unter Ihnen, einen geeigneten Anfang für die eigenen Lebenserinnerungen zu finden?

Aus Es war so wunderbar! von Zarah Leander

„Muss es auf alle Fragen eine Antwort geben? Kann man das vom Leben wirklich verlangen? Ich bin mir in diesem Punkt nicht ganz sicher, glaube aber, dass man mit erheblicher Neugier und ungestilltem Wissendurst in die Grube fährt.“

Aus Dichtung und Wahrheit von Johann Wolfgang von Goethe:

„Am 28. August 1749, mittags mit dem Glockenschlag zwölf, kam ich in Frankfurt am Main auf die Welt. Die Konstellation war glücklich; die Sonne stand im Zeichen der Jungfrau und kulminierte für den Tag; Jupiter und Venus blickten sie freundlich an, Merkur nicht widerwärtig; Saturn und Mars verhielten sich gleichgültig; nur der Mond, der soeben voll ward, übte die Kraft seines Gegenscheins umso mehr, als zugleich seine Planetenstunde eingetreten war. Er widersetzte sich daher meiner Geburt, die nicht eher erfolgen konnte, als bis diese Stunde vorübergegangen.“

Aus Der geschenkte Gaul von Hildegard Knef:

„Liebeserklärung an einen Großvater

Meiner hieß Karl, er war mittelgroß und genauso kräftig, wie er aussah. Er trug den Kopf sehr gerade, die Wirbelsäule auch, und er hatte einen großen Mund mit vielen Zähnen; er hatte sie noch alle 32, als er mit 81 Selbstmord machte. Sein Jähzorn war das schönste an ihm, erstens weil er sich nie gegen mich richtete und weil er so wild und rasch kam, wie er verging, und wenn er vergangen, wurde sein Gesicht warm wie ein Dorfteich in der Sommersonne und seine Bewegungen verlegen und einem fischenden Bären gleich.“

Aus Meine Kindheit und Jugend von Ludwig Renn

„Wie ich zur Welt kam, hat mir meine Mutter – das war dreißig Jahre später – unter Tränen in einer Stunde größter Verzweiflung erzählt: Am 22. April 1889 wurde ich in einem Hause geboren, das bei der Bombardierung Dresdens durch die Amerikaner 1945 zerstört worden ist. Wenn man von der Altstadt über die damalige Albertbrücke kam, war es an der Glacisstraße das erste Haus rechts.

Meine Mutter lag in einem riesigen Bett, den Kopf auf drei Kissen, die nach oben immer kleiner wurden, wie sie es von Moskau her gewöhnt war.“

Aus Der grüne Baum des Lebens von Clara von Arnim

„Aus der Welt der Erwachsenen waren wir Kinder ausgeschlossen. Wir hatten im zweiten Stock meines Elternhauses eine weiß lackierte Kinderstube, wo wir spielen konnten. Aber ich liebte es, in dem Treppenhaus mit dem Glasdach, auf das der Regen so donnernd prasseln konnte, an den gedrechselten Stäben des Geländers zu hocken, hinabzuschauen und zu horchen, was da unten passierte.“

Aus Und außerdem war es mein Leben von Elfriede Brüning

„Mein Vater hatte acht Geschwister, meine Mutter fünfzehn, von denen nur die vier ältesten am Leben blieben. Wahrscheinlich hat sich meine Großmutter von ihrem fünften Ehejahr ab gegen die unerwünschten Schwangerschaften so beharrlich zur Wehr gesetzt, dass die armseligen Geschöpfe, die sie zur Welt brachte, ihr Leben bald wieder verhauchten. Jahr für Jahr, erzählte meine Mutter, stand der ausrangierte Kinderwagen mit ein oder zwei Leichen – meine Großmutter neigte zu Zwillingsgeburten – in der guten Stube, ehe ihr Vater sich die Zeit nahm, das Bündel in Zeitungspapier zu wickeln und auf den Friedhof zu tragen, wo der Totengräber es ganz unzeremoniell irgendwo verscharrte.“

Aus Memoiren einer Tochter aus gutem Hause von Simone de Beauvoir

„Ich bin am 9. Januar 1908 um vier Uhr morgens geboren, und zwar in einem Zimmer mit weiß lackierten Möbeln, das nach dem Boulevard Raspail zu lag. Auf Familienfotografien, die aus dem folgenden Sommer stammen, sieht man junge Damen in langen Kleidern und straußfedergeschmückten Hüten sowie Herren mit ‚Kreissägen’ und Panamas auf dem Kopf, die einem Baby zulächeln; das sind meine Eltern, mein Großvater, meine Onkel und Tanten – und ich. Mein Vater war damals dreißig Jahre alt, meine Mutter einundzwanzig, und ich war ihr erstes Kind.“

Aus Die Hand am Pflug von Hans Ernst

„Es muss kein überwältigend schöner Tag gewesen sein, als ich das Licht der Welt erblickte, denn mein Vater hat mir erzählt, dass er recht gefroren hätte, als er sich auf den Weg machte, um die Hebamme zu holen. Vor mir war schon eine Schwester da, aber der muss es auf dieser schnöden Welt nicht gut gefallen haben, weil sie sie nach zwei Monaten bereits wieder verließ.

Eigentlich ist ‚das Licht der Welt erblicken’ ein dummer Ausdruck, denn wenn man erst ein paar Minuten alt ist, sieht man gar nichts.“

Aus Rubinrote Rita von Rita Mae Brown

„Meine Mutter war gerade auf der Hanover Shoe Farm, einem Gestüt außerhalb von Hanover, Pennsylvania – einen Katzensprung von der Mason-Dixon-Grenze entfernt – beim Boxenausmisten, als ihre Fruchtblase platzte. Wäre das Krankenhaus nicht in der Nähe gewesen, ich wäre in einer Krippe geboren worden. Vielleicht kam ich mit dem Wissen zur Welt, dass dies bereits Jesus widerfahren war, und da er für uns alle gelitten hat, sah ich keinen Grund zur Wiederholung.“

Aus Die Asche meiner Mutter von Frank McCourt

„Mein Vater und meine Mutter hätten in New York bleiben sollen, wo sie sich kennengelernt und geheiratet haben und wo ich geboren wurde. Statt dessen sind sie nach Irland zurückgekehrt, als ich vier war und mein Bruder Malachy drei, und die Zwillinge Oliver und Eugene waren eben gerade ein Jahr alt, und meine Schwester Margaret war tot und weg.

Wenn ich auf meine Kindheit zurückblicke, frage ich mich, wie ich überhaupt überlebt habe.“

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Marianne Hollmann-Wobschall

Dipl. rer. pol., Poesiepädagogin, Autorin, Ghostwriterin, Biografin, Lektorin, Schreibcoach,

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